Eine-Welt-Camp 2024 – Globalisierung als Thema!

„Gloablisierung“ und Lagerfeuer: Die Mischung für glückliche Teilnehmer:innen.

Ins Eine-Welt-Camp machten sich Ende August etwa 40 Kinder und Jugendliche mit ihren 15 Teamern auf zum Ibichhof im Simonswäldertal. Fünf Tage verbrachten sie dort und erlebten jede Menge Spaß und Austausch. Die Zukunftswerksatt wird jedes Jahr veranstaltet vom Ibichhofteam der Kirchengemeinden Dunningen, Seedorf und Lackendorf, gemeinsam mit dem Verein Alianza e.V., der u.a. auch soziale Projekte in Peru fördert..

Im World-Trading-Game, einem Spiel zur Simulation des Welthandels, schlüpften die Teilnehmer gleich zu Beginn des Camps in die Rollen verschiedener Akteure der Globalisierung. Es gab Ländergruppen mit ihren Diplomaten und Business-Vertretern, Presse, UNO und (Welt-)Banker. Unter nachgestellten Bedingungen kämpften die Teilnehmer in ihren Ländergruppen im Wettbewerb um Ressourcen, Humankapital und Know-How, mit dem Ziel, so viel Reichtum wie möglich anzuhäufen. Gewonnen hatte also, wer am Ende den größten finanziellen Gewinn erwirtschaften konnte. Dass dies nicht ohne Friktionen und Diskontinuitäten ablief, versteht sich von selbst. Die Teilnehmer konnten nachempfinden, wie sich die Akteure in einem System des internationalen Wettbewerbs fühlen. Spielleitung, aber auch die Ländergruppen selbst, brachten während des Spielverlaufs mehrere Mittel zur Anwendung, wie z.B. „G2-Gipfel“ der Industrienationen, Sanktionen für Regelverstöße, Naturkatastrophen verbunden mit Hungersnot und Bürgerkrieg, das Vorkommen neuer Rohstoffe, Preisschwankungen oder Entwicklungshilfe von Bank oder anderen Ländern. Ein Schwerpunkt lag dabei auf den schlechteren Ausgangsbedingungen der Schwellen- und Entwicklungsländer, der Stellung der einzelnen Akteure in unserer Welthandelsordnung und der Versuchung, durch Verhandlungen und ggf. auch unfaire Tricks seinen eigenen Vorteil über eine gleichberechtigte Teilnahme zu stellen. Diese Erkenntnisse, die vor allem bei der anschließenden Nachbesprechung zum Ausdruck kamen, dienten als Einstieg in eine thematische Vertiefung im weiteren Verlauf des Camps und der Sensibilisierung der Teilnehmer fürs eigene Alltagsleben. So fand sich an Tag zwei das gesamte Camp zu einem konsumkritischen Stadtspaziergang in der Freiburger Innenstadt rund ums Münster wieder. Zwischen den Marktständen, vor Supermarkt und Weltladen, Handyladen und Bekleidungsgeschäft, sowie bei Metzger und Bäcker wurden Arbeits- und Produktionsbedingungen der angebotenen Ware wie Schokolade, Fleisch, Obst und Gemüse, Smartphones, Kleidung u.a. auf die Grundsätze und Kriterien „regional“, „saisonal“, „ökologisch“ und „fair“ hin spielerisch an kleinen Stationen geprüft. Und es wurde darüber diskutiert, welche Verantwortung und Macht man als junge Konsumenten im Hinblick auf ein nachhaltiges und verantwortungsvolles Konsumverhalten besitzt.

Dass manchmal materielle Ressourcen nicht das Wichtigste sind, wurde im Völkerballturnier am ersten Nachmittag deutlich. Hier gewannen Ländervertreter aus einem der Entwicklungsländer mit sportlichen Höchstleistungen. Auch eine Lagerfahne durfte nicht fehlen. Sie wurde nach World-Trading-Game und Völkerballturnier aus den einzelnen, anfangs selbst ganz bunt gestalteten Länderbannern zusammengenäht und wanderte so täglich ein Fenster weiter an der Außenfassade.

Seit unglaublichen fünf Jahren gab es dieses Jahr zum ersten Mal wieder die Möglichkeit, ein Lagerfeuer im Eine-Welt-Camp zu machen! Weils so schön war, kam die Gruppe abends fast täglich zum Singen und Musizieren ans Feuer. Einmal berichtete eine Teamerin im Abendprogramm mit interessanten Bildern und lustigen Geschichten von ihrem spannenden Aufenthalt in einem peruanischen Bergdorf, wo sie für drei Monate bei einer Familie mitleben und als Freiwillige die Projekte der Alianza Partnerschaft kennenlernen durfte. In der Freizeit wurde darüber hinaus auch viel Fußball und Tischtennis gespielt, sowie ein Riesendomino aufgebaut. Übergroße Seifenblasen flogen immer wieder ins Tal hinunter, viele Freundschaftsbänder wurden geknüpft und Henna-Tattoos gemacht. Auch im solidarischen Kräutergarten beim Hof gab es alle Hände voll zu tun. Mit Musik, Yoga und Impuls starteten morgens alle munter in den Tag und die Gute-Nacht-Geschichte „In der Arche um Acht“ (Ulrich Hub) läutete abends die daran anschließende Nachtruhe ein. So boten die Morgen- und Abendimpulse in der Kapelle immer einen schönen Rahmen durch die gemeinsame Zeit auf dem Ibichhof.

Die letzten beiden Tage stellten die Teilnehmer in vier thematischen Workshops wieder einiges auf die Beine. Im Erste-Hilfe-Workshop fragten sich die Teilnehmer, wie sich gegenseitig in gesundheitlichen Schieflagen geholfen werden kann und besuchten die Rettungswache in Bleibach. Sie durften dort alle Räume besichtigen und bei Krankentransportern und Rettungswagen den Umgang mit der Fahrtrage und dem Tragestuhl ausprobieren. Zurück auf dem Ibichhof spielten sie mit großer Motivation verschiedenste Szenarien durch. Auch Maßnahmen wie die Herzdruckmassage wurden an einer richtigen Übungspuppe geübt und alle waren begeistert, wie einfach es ist, erste Hilfe zu leisten. In der Kreativwerkstatt „Upcycling & Recycling“ wurden Holz-Hocker mit Mosaiken aus bunten Scherben verziert, Crunchies aus Stoffresten genäht und Geldbeutel aus Tetrapacks gebastelt. Außerdem gab manche alte Socke ein wildes Steckenpferd ab und die Teilnehmer organisierten bei bester Stimmung ein außerordentlich gut besuchtes Hobby-Horsing-Turnier auf dem Sportplatz beim Hof. Im Zirkus-Workshop übten die Teilnehmer sich in Jonglage, Einrad fahren, Teller balancieren und Diabolo. Ein Highlight war der Besuch von Pralina alias Moni Viereck. Mit ihr tauchten die Teilnehmer dieses Workshops ein in die Welt der Clownerie und sie berichtete gleichzeitig von ihrer Arbeit als Klinikclown mit kranken Kindern und älteren Menschen. Unter dem Motto „Unser Wald im (Klima-)Wandel“ machte sich eine Gruppe draußen daran, die Umgebung direkt vor der Haustür mit einem ortsansässigen Waldbauern zu erkunden. Viel Zeit verbrachten sie auch damit allerlei zu schnitzen und einen riesigen Staudamm im Bächle neben dem Haus anzulegen. Wie schon das Waldbaden, bot er bei Hitze und Sonnenschein eine willkommene Abkühlung. Eine weitere Kleingruppe besuchte den Weltacker in Freiburg, wo auf der Fläche von 2.000 m² alles wachsen muss, was ein Mensch im Jahr verbraucht (wird die gesamte weltweite Ackerfläche durch die Anzahl von uns Erdbewohnern geteilt): Getreide für Brot, Kartoffeln, Obst, Gemüse, Kaffee, Kakao, Ölpflanzen, Zuckerrüben… ebenso das Ackerfutter für die Tiere, deren Fleisch, Milch und Eier wir verzehren. Auch Baumwolle für Kleidung, Genussmittel wie Tabak und Energiepflanzen (u.a. für Bio-Gas) brauchten ihren Platz auf dieser Fläche. Es werden hier maßstabsgetreu die 45 weltweit wichtigsten Ackerkulturen angebaut. Das macht modellhaft den Flächenverbrauch für einen einzelnen Menschen sichtbar. Für Arten, die in unserem Klima nicht gedeihen (z.B. Baumwolle, Zuckerrohr), werden Stellvertreter angepflanzt. Die überschaubare Fläche ermöglichte jedem Besucher einen direkten Zugang zur „eigenen“ Fläche und den eigenen Gestaltungsmöglichkeiten, verbunden mit der Frage: Kommen wir damit aus? Umweltexperten der Vereinten Nationen haben berechnet, dass für den Anbau der Lebensmittel, die jeder Europäer derzeit verbraucht, 4.000 m² Ackerfläche beansprucht werden. Menschen in anderen Regionen steht somit weniger Fläche zur Verfügung. Viele wichtige aktuelle Themen und Zukunftsfragen rund um Landwirtschaft, Klimawandel, Artensterben, Bodenfruchtbarkeit und Ernährungssouveränität wurden im Rahmen einer Ackerrallye direkt begreifbar und gleichzeitig die Vielfalt unserer Kulturpflanzen mit allen Sinnen erfassbar.

Am Tag durfte nach einem bunten Abendprogramm die Abschlussparty mit ausgelassenem Tanzen und Pfannkuchen natürlich nicht fehlen. Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle dem erstklassigen Küchenteam Florian (Fossy) Mauch, Niklas Rieger und Simon Müller, die uns während der fünf Tage ein richtig leckeres und vielfältiges vegetarisches Essen auf die Teller zauberten. Beispielsweise backten sie alles Brot selbst und es gab nur selbst gemachte Nudeln.

Von Marianna Vásquez

Unsere Kirchengemeinde wurde im Juni 2023 ausgezeichnet mit dem Siegel "Faire Gemeinde".

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