Feuer: In „extremer Trockenheit“ brennt es um Chachapoyas überall!

Der Wald von Andreas Haag war auch betroffen.

In Chachapoyas ist der Himmel getrübt, die Sicht eingeschränkt – es riecht nach Rauch. über 70 Waldbrände um Chachapoyas und in 4 von 7 Provinzen überfordern die Feuerwehr und die Helfer. Tagelang kämpfen Sie mit einfachsten Mitteln gegen große Flammenwände, die angepeitscht von untypisch starken Winden schnell alles Brennbare vereinnahmen und in Schutt und Asche zurücklassen. Ganze Berghänge, Wälder und bestellte Felder aber auch touristische Sehenswürdigkeiten machen die Feuerwalzen nieder. Der Bürgermeister redet von ca. 12.000 ha Land das bisher den Flammen zum Opfergefallen ist.

Andreas Haag berichtet uns aus Chachapoyas:

In den peruanischen Anden gibt es zwei Jahreszeiten. Die Regenzeit von Oktober bis April und die Trockenzeit von Mai bis September. Man hat den Eindruck, dass Beginn und Ende dieser Zyklen durch den Klimawandel nicht mehr so genau definiert sind. Dazu kommt das “El Niño”, ein Phänomen im Pazifik, das das Wetter rund um denselben und darüber hinaus beeinflusst. Zum Ende der Trockenzeit werden viele Feuer gelegt, das war schon immer so: Viele Leute glauben, dass der Rauch Regen “anzieht”. Auch Wanderfeldbau, wobei Flächen nach jahrelanger Brache gerodet werden und eben auch angezündet (die schnellste Art, das Gestrüpp loszuwerden, die Asche als Dünger) sind noch immer verbreitet. Abbrennen von altem, dürrem Gras fördert angeblich den Wuchs von Neuem, wenn dann die Regenzeit beginnt… Dabei wurde und wird in Kauf genommen, dass Feuer auch mal außer Kontrolle geraten, handelte es sich doch (früher) um wertloses Gestrüpp, das niemand gehört.Durch diese Jahrhunderte alte “Tradition” wurde das Landschaftsbild grundlegend verändert.

Viele Gemeinden, Bürgerinitiativen und Privatleute haben in den letzten beiden Jahrzehnten Flächen aufgeforstet, vor allem mit Kiefern der aus Mexiko stammenden Sorte Patula. Diese Bäume sind anspruchslos und gedeihen auch auf den jahreszeitlich trockenen Flächen um Chachapoyas. So sind in den letzten Jahren auch immer wieder aufgeforstete Flächen abgebrannt, was durch den wirtschaftlichen Schaden die Problematik erst ins öffentliche Interesse brachte. Die ökologischen Folgen für Boden, Flora und Fauna sind einem einfachen Bauern kaum zu vermitteln.

Man hat den Eindruck, dass in diesem Jahr die Lage schlimmer als in der Vergangenheit ist, aber wie gesagt ist das Phänomen keinesfalls neu. Die Regenfälle bis April sind eher bescheiden ausgefallen, was die Ausgangslage verschlechtert durch extreme Trockenheit, dazu kommen ungewöhnlich starke Winde.  Löschversuche sind oft erfolglos, man kann sich der meterhohen Flammenwand nicht nähern. Wasser steht meist nicht zur Verfügung, in der Provinz Chachapoyas gibt es nur hier in der Stadt eine Feuerwehr, die nur über eine unzureichende Ausrüstung verfügt. Da ist die Lackendorfer Teilortswehr sicher besser aufgestellt… Andere Einheiten wie Zivilschutz bestehen praktisch nur auf dem Papier und verfügen über keine Ausrüstung.

Obwohl illegale Rodung und Brandrodung theoretisch strafbar sind, werden nur in Ausnahmefällen Strafen verhängt, sind doch die Schuldigen meist nicht auszumachen und wenn doch, hat die Justiz nicht wirklich großes Interesse an einer Verfolgung. Vielleicht wird das durch das große Medienecho jetzt anders.

Am 4. September gegen 12 Uhr wurde ich benachrichtigt, dass es auf meinem Grundstück 15 Minuten außerhalb von Chachapoyas brenne. Ich bin sofort los.

Wie ich später erfuhr, hat gegen 10 Uhr ein Nachbar ein gerodetes Stück in Brand gesetzt. Das Feuer geriet sofort außer Kontrolle. Selbst an der etwa 4m breiten Straße konnten die hinzueilenden Nachbarn ein Übergreifen nicht verhindern. Der starke Wind trieb brennende Grasbüschel vor sich her. Als ich ankam, war bereits ein guter Teil meiner 3ha in Flammen, undenkbar, sich da hineinzuwagen. Immer mehr Leute kamen, aber mit 2 Gartenschläuchen und ein paar Eimern und wenig Wasserdruck konnten wir ein Übergreifen auf den Wald meines Nachbarn nicht verhindern. Mit knapper Not konnten wir die Flammen wenige Meter von seinem Haus verhindern. Inzwischen waren auch Zivilschutz und Polizei sowie zahlreiche Freiwillige eingetroffen, so dass die Flammen eingedämmt und ein Wiederanfachen schon gelöschter Bereich verhindert werden konnte. Die Hilflosigkeit, zuschauen zu müssen, wie die Arbeit von 15 Jahren in weniger als einer Stunde zunichte gemacht wurde und die Wut auf den Brandstifter sind nicht beschreibbar.

Die benachrichtigte Staatsanwaltschaft hat noch am selben Nachmittag unsere Anzeige aufgenommen, bisher wurden wir aber noch nicht vorgeladen, unsere Aussage zu machen. Eine außergerichtliche Einigung gestaltet sich schwierig, da die Vorstellungen über die Höhe des Schadens zwischen dem Brandstifter und den Geschädigten weit auseinanderklaffen…

Andreas Wald nach dem Feuer.

Nicht nur in der Region Amazonas gibt es Waldbrände, das ganze Land ist betroffen.

Es ist kaum möglich, Zahlen über die Schäden zu bekommen, der Bürgermeister von Chachapoyas und kraft Amtes oberster Zivilschützer des Kreises sprach von 12.000 ha, ich weiß aber nicht ob sich diese Zahl nur auf den Kreis (wäre realistisch) bezieht oder auf die ganze Region (da sicher zu wenig).

In La Jalca ist ein Mann bei Löschversuchen umgekommen, heißt es. Mehrere Häuser, es handelt sich dabei um Hütten auf den Feldern, sind abgebrannt. Sicher sind auch Haustiere umgekommen, ich konnte aber keine Zahlen in Erfahrung bringen.

Anbauflächen (mal von den gepflanzten Wäldern abgesehen) sind eher weniger betroffen, sind die Felder doch in der Trockenzeit nicht bestellt. Soweit Andreas Haag.

Im Austausch mit Bischof Humberto schreibt er folgendes:

„Ich denke, es wurde viel getan, um Bäume zu pflanzen, Naturschutzgebiete auszuweisen, sich um das Wasser zu kümmern und Bäume um Quellen zu pflanzen. Es gibt eine Sendung auf Radio Horizonte, in der sie über den Klimawandel sprechen, und wie man sehen kann, herrschen die Sitten vor und sie brennen Felder ab, um es regnen zu lassen. Ich glaube, wir steuern bereits auf einen unerträglichen Sommer mit extremer Dürre zu, der eine Hungersnot mit sich bringen wird. Wir sind wie der heilige Johannes der Täufer in der Wüste. Jetzt kommt der schlimmste Teil: die Betreuung der Opfer. Wir atmen Rauch ein, ich habe eine schlimme Bronchialinfektion und viele andere Menschen auch.

Es gibt viele Faktoren, es gibt Neid. Andere aus Vergnügen, wieder andere aus Notwendigkeit. Aber wir müssen mehr an der Umweltproblematik arbeiten. Es gibt viel Unwissenheit und Individualismus. Es mangelt an Umwelterziehung in den Schulen.“

Bischof Humberto ging am 14.09.24 zum Kirchenpatrozinium nach Lamud. Das Kirchenpatrozinium ist das größte Fest in allen Pfarreien und wird mit großen Prozessionen gefeiert – nachts werden dann große Feuerwerke abgebrannt – oft auch in Verbindung mit dem Brauch Ballons mit Feuer aufsteigen zu lassen. Mit diesem Hintergrund hat heute die Staatsanwältin jegliches Feuerwerk in Lamud, dem Nachbarort von Luya verboten. Man darf gespannt sein, ob dies auch eingehalten wurde. Unverständlich, dass sowas überhaupt dann gefeiert wird, wenn an den Berghängen nach Luya das Feuer tobt und manche Rettungskräften die Kondition ausgeht und der Einsatz für ihr eigenes Leben zu riskant wird.

Inzwischen ist es gar nicht mehr möglich „überall“ das Feuer zu bekämpfen. Weder ausgebildetes Personal noch genügend und passende technische Mittel stehen zur Verfügung.

Bisherige Aktionen zur Aufklärung der Bevölkerung haben fast keine Wirkung gezeigt. Es ist jetzt zu hoffen, dass genügend präventive Maßnahmen und Aufklärung geben wird inklusive Androhung von Strafen, damit die alten Bräuche endlich aufhören und jeder versteht, dass im Alarmzustand „extreme Trockenheit“ niemand ein offenes Feuer macht – egal aus welchem Grund und auch die Feuerwerke untersagt werden…! Bisher sind um Chachapoyas zwei Menschleben zu beklagen.

Doch wie sieht es um die Prävention und den Katastrophenschutz im Departement Amazonas aus?

Verantwortlich für die Prävention ist die Regionalregierung. Im 136-seitigen Dokument mit allen strategischen Projekten und Zielen (Plan Estratégico Institucional – PEI 2022-2025) taucht das Wort „Umwelt“ genau 7-mal auf – und zwar nur im Zusammenhang mit umweltverträglicher Nutzung. Das Thema der Katastrophenvorsorge wird ausgeführt. Die Verantwortung hierfür haben die folgenden Organisationen:

  • Regionalbüro für nationale Verteidigung
  • Landesverteidigung und Katastrophenrisikomanagement
  • Katastrophenmanagement / Regionaldirektion
  • Landwirtschafts-/Regionalbehörde
  • Umweltbehörde

Zu Thema „Förderung des Katastrophenrisikomanagements im Departement“ (IEO.05) hat folgenden Inhalt: „Es ist wichtig, auf jede Katastrophe vorbereitet zu sein; daher ist es wichtig, immer einen Vorrat an Vorräten und nützlichen Hilfsgütern bereithalten, um den Opfern einer Naturkatastrophe wie einem Erdbeben, einem Erdrutsch oder einer Überschwemmung zu helfen. Die Lager sollten bestückt sein mit Sicherheits- und Rettungsausrüstung wie Spitzhacken, Schaufeln, Helme, Sicherheitsgurte, Feuerlöscher, Stromaggregate und andere sowie medizinische Ausrüstung für die Einsatzkräfte.“ Der Index weist insgesamt 9 Notfalllager aus – sagt aber nichts über die Anzahl der Ausrüstungsgegenstände aus.

Unter der Überschrift „Sensibilisierung der Bevölkerung für die Kultur der Risiko- und Katastrophenprävention“ (AEI.05.03) wird auf die fehlende Datenlage verwiesen und ausgewiesen, dass 44% der Bevölkerung für das Thema sensibilisiert seien. Weist aber wörtlich darauf hin, dass es an „mangelndes öffentliches Bewusstsein“ dafür fehlt.

Offensichtlich waren also die Aktionen zur Sensibilisierung nicht sehr erfolgreich, was die Frage nach der richtigen Methode natürlich auftauchen lässt. Hier kommt Bischof Humberto wieder ins Spiel, der eine „Umweltpastoral“ verfolgt und sich in Abstimmung mit zahlreichen Bürgermeistern und Behörden befindet. Aus der Not geboren wird es hier wohl neue angefachte Diskussionen und Maßnahmen geben müssen.

Bleibt also zu hoffen, dass die Winde sich drehen, es bald regnet und die Feuer erlöschen. Vielleicht können auch kurzfristig zwei Löschflugzeuge, die in Bagua auf den Einsatz bzw. besseres Wetter warten (so der „Burgomaestre“ von Chachapoyas) helfen. Dies könnte morgen früh der Fall sein. Der Bürgemeister, Percy Zuta, befindet sich in Lima, um bei der Regierung für den Einsatz von Spezialisten und Personal aus der Armee zu werben.

Für die Alianza – Frank Friedrich

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