Rückkehrer

Dunningen

Rückkehrer: Harter Alltag in einer Stadt im Regenwald

Schwarzwälder-Bote, 03.09.2014 17:22 Uhr, Von Martina Zieglwalner Dunningen/VS-Villigen.

Hannah und Lisa

Hannah und Lisa

Die Diözese Chachapoyas in Peru ist für Hannah Kubon (Mitte und unten links) und Lisa Wernz zur zweiten Heimat geworden. Hannah kümmerte sich um Kinder wie bei einer Chocolatada des Vereins Alianza, einer Art Weihnachtsfeier, bei der es heiße Schokolade und Kuchen sowie ein kleines Spielzeug als Geschenk gab (oben links). Zudem stand sie den Studenten im Internat alsAnsprechpartnerin zur Seite (oben rechts). Lisa half unter anderem jungen Müttern wie der 16-jährigen Sonja in einem Viertel am Stadtrand. Montage: UlmFoto: Schwarzwälder-Bote


Sie sind nach zwölf Monaten wieder in der alten Heimat angekommen, doch mit dem Kopf sind sie wohl noch lange in Peru: Hannah Kubon aus Villingen und Lisa Wernz aus Dunningen. Ein Jahr haben die 19-Jährigen in Projekten in der Diözese Chachapoyas mit angepackt. Seit 35 Jahren besteht die Alianza-Partnerschaft der Kirchengemeinden Dunningen, Seedorf und Lackendorf mit der Diözese im Norden Perus. Jedes Jahr haben junge Menschen aus der Region die Chance, einen Weltkirchlichen Freiwilligendienst in Südamerika zu leisten. Lisa und Hannah haben sie beim Schopf gepackt.

Und jetzt sprudeln all die Eindrücke, die sie während ihrer Zeit in der Kleinstadt mit 30 000 Einwohner gesammelt haben, nur so aus ihnen heraus.

Gemeinsam mit zwei Peruanern, die ebenfalls für den Verein Alianza arbeiten, lebten die jungen Frauen in einer Wohngemeinschaft, waren so schnell mit dem Alltag der Einheimischen vertraut. Tagsüber waren sie in verschiedenen Projekten im Einsatz. Lisa kümmerte sich im städtischen Kinderrechtsbüro sowohl um Jungen und Mädchen, die Misshandlungen ausgesetzt sind, als auch um Frauen, die unter familiärer Gewalt leiden.

„Es ist auf den Dörfern auch weit verbreitet, dass Mädchen von arbeitslosen jungen Männern schwanger werden, die keinen Unterhalt zahlen“, schildert Lisa. In dem Büro finden sie Unterstützung, das beispielsweise mit einer Kleiderkammer ganz praktisch hilft. Familienbesuche gehörten ebenso den Aufgaben wie die Aufklärung über die Rechte von Kinder und Frauen. Mit Vorträgen und Flyern machte die 19-Jährige auch auf das Hilfsangebot in der Stadt aufmerksam.

Den jungen Leuten aus den Dörfern eine Perspektive zu geben, hat sich Alianza ebenfalls zum Ziel gesetzt. So trägt der Verein ein Internat und vergibt Stipendien für Studenten, deren Familien sich die Unterstützung nicht leisten können, erzählt Hannah. Sie stand den Jugendlichen im Wohnheim als Ansprechpartnerin zur Seite. „Viele studieren, um später den Eltern und Geschwistern finanziell zu helfen.“ Gleichzeitig bringen die jungen Menschen die Gesellschaft voran, üben sie doch später Berufe wie Lehrer, Tierarzt, Verwaltungsfachkraft oder Landwirtschaftsingenieur aus.

Da seien die Alianza-Mitarbeiter natürlich stolz, wenn sie später ihre Schützlinge wieder treffen und sie inzwischen in der Stadt einer verantwortungsvollen Arbeit nachgehen, erklärt Hannah, die zudem für die Kinderspeisung mit verantwortlich war. Denn für Schüler, deren Eltern kein Geld oder keine Zeit haben, gibt es täglich ein warmes Mittagessen.

Mit den Essgewohnheiten in einem Land, in dem Meerschweinchen und Innereien zu den Spezialitäten zählen, hätten sie sich erst anfreunden müssen, geben die beiden 19-Jährigen zu. Und mit den riesigen Mengen, die Peruaner ihren Gästen auftischen und die aus Höflichkeit aufzuessen sind. Es sei denn, eine Plastiktüte ist im Gepäck, um die Reste mitzunehmen.

Hannah und Lisa kommen aus dem Erzählen kaum heraus, berichten von ihrem Leben in einer Stadt im Regenwald, die von Lima aus nur über eine 24-stündige Busfahrt erreichbar ist, von Dörfern, in die nur stundenlange Fußmärsche führen, von Hütten aus Lehm ohne Toiletten, Wasser und Strom. Sie schwärmen von der Herzlichkeit der Menschen, all den Freundschaften, die sie geschlossen haben.

Vor einem Jahr waren die jungen Frauen in ihr Abenteuer aufgebrochen, dass sie nicht mehr missen möchten. „Ich kann es jedem nur empfehlen, eine solche Erfahrung zu machen“, betont Hannah. Im Gegensatz zu Lisa habe sie die erste Zeit schon das Heimweh geplagt, gibt sie zu, gerade weil sie erst Spanisch lernen musste. Das klappt inzwischen fließend. Und jetzt war der Abschied „eine einzige Heulerei“.

Kaum zurück, hat sie die Sehnsucht nach Chachapoyas gepackt, „nein, es ist sogar Heimweh, denn es ist meine zweite Heimat geworden“.

Im Rahmen der Alianza-Partnerschaft haben junge Menschen zwischen 18 und 27 Jahren die Gelegenheit, ein Jahr lang in der Landeshauptstadt Chachapoyas zu leben und zu arbeiten. Sie sind in Kirchengemeinden, in der Bildungs-, Jugend- und Sozialarbeit oder in ­Infrastruktur-, Gesundheits- und Ökologieprogrammen tätig.

Der Verein Alianza finanziert langfristige Projekte wie ein Internat für Studenten oder die Kinderspeisung. Hinzukommen kurzfristige Hilfseinsätze wie der Bau von Brücken und Wasserreservoirs.

In Rundbriefen haben Hannah Kubon und Lisa Wernz ihre Unterstützer aus der Gemeinde immer wieder über ihre Arbeit informiert.

Nun möchten sie verstärkt auf die Arbeit von Alianza aufmerksam machen und von ihren Erfahrungen berichten, beispielsweise beim Rückkehrergottesdienst am Samstag, 13. September, in Dunningen oder beim Missionsbasar.

So plant Hannah, am Gymnasium St. Ursula in Villingen, an dem sie vor einem Jahr das Abitur gemacht hat, einen Vortrag zu halten.

Weitere Informationen gibt es unter https://www.alianza.de.

Unsere Kirchengemeinde wurde im Juni 2023 ausgezeichnet mit dem Siegel "Faire Gemeinde".

Faire Gemeinde - Wir handeln fair im Kirchenalltag [Logo]